Freitag, 4. Februar 2022

Lass die Sonne rein:
Palatschinken - mein Grundrezept

Palatschinken - mein Grundrezept. 
Kurt schenkt seiner Frau zum Valentinstag keine Blumen. Dafür aber eine paar Tage zuvor, an Lichtmess. Das macht er in der Hoffnung, dass seine Frau ihn ein weiteres Jahr bei sich leben lässt. Überreicht sie ihm im Gegenzug ein neues Hemd, ist das das ersehnte Zeichen: Er darf bleiben.

Kurt gibt es wirklich und auch seine Frau, genauso wie diese augenzwinkernde Tradition zwischen den beiden, die an das frühere bäuerliche Brauchtum zu Mariä Lichtmess am 2. Februar erinnert. Es war der Beginn des Bauernjahres, jener Tag, an dem die Dienstboten, Knechte und Mägde ausbezahlt und weitergeschickt oder auch für ein weiteres Jahr wieder eingestellt wurden.
Wer noch weiter in die Vergangenheit schaut, erfährt vom keltischen Jahreskreisfest Imbolc. Die Männer verkleideten sich als wilde Gestalten und gingen hinaus, um den Winter zu vertreiben. Sie schüttelten die Bäume, um das Leben wach zu rütteln und sie schritten um ihre Felder, um sie zu segnen und mit schützenden Worten zu bedenken. Die Frauen kehrten mit ihren Besen den Winter aus, sie räucherten und lüfteten, um den Frühling ins Haus zu holen.

Es ist die Zeit, in der die Natur erwacht.

Der Saft schießt in die Bäume, die Tage werden länger, das Licht kehrt zurück. Auch heute noch werden in den Kirchen die Kerzenvorräte für das ganze Jahr geweiht - früher waren auch Wetterkerzen dabei, die bei Unwettern entzündet wurden, um Haus und Hof vor Schaden zu bewahren.
Es war und ist eine besondere Zeit, zwischen Hell und Dunkel, zwischen Alt und Neu – perfekt geeignet, um ein wenig Brauchtum und Tradition in unser Leben zu holen: mit Kerzenlicht oder einem kleinen Funkenfeuer, mit einem Dankeschön an wertvolle Mitarbeiter, mit Blumen für die beste Ehefrau der Welt oder einem neuen Hemd für den Liebsten.



In Frankreich wird am 2. Februar La Chandeleur gefeiert. An diesem Tag biegen sich die Tische vor Stapeln von Crêpes, die im Kreise der Familie genossen werden. Und auch dieses Fest hat mit dem wiederkehrenden Licht zu tun – werden die Crêpes doch aufgrund ihrer runden Form und gold-gelben Farbe als Symbol für die Sonne gesehen, deren Licht die Dunkelheit des Winters vertreibt. Vielleicht ist das eine Tradition, die euch gefällt? Es müssen ja keine Crêpes sein, schließlich sind wir in Österreich. Und hier gibt es fast nichts, was noch mehr kulinarisches Kulturgut ist als sie: die Palatschinke.

Crêpes haben Zucker im Teig, Palatschinken nicht. Man will ja schließlich noch Frittaten draus machen (können).

Aber wer jetzt meint, Palatschinken backen wäre das einfachste auf der Welt, der irrt. Nein nein, da kann man wirklich eine Wissenschaft draus machen! Alleine schon in meiner Familie gibt es so viele Palatschinken-Rezepte wie es Köche und Köchinnen gibt. Die eine arbeitet nach dem Prinzip Von dick nach dünn (sie rührt erst Mehl und Eier glatt und bringt dann den Teig mit Milch auf die gewünschte Konsistenz), die andere arbeitet mit der Waage (ich!), die dritte macht‘s komplett nach Gefühl, usw. usf.

Und dann noch diese vielen Fragen!

Welches Fett und welche Pfanne? Schupfen oder wenden? Und danach: Welche Füllung? Süß oder salzig? Fremdfüllen oder selbst dann bei Tisch? Rollen oder falten? Und: welche Palatschinkenseite gehört außen?

Eine gute Palatschinke hat immer zwei Seiten: die Landkarte und den Leoparden.

Ganz abgesehen davon: Die Einsatzmöglichkeiten von Palatschinken sind unendlich! Süß gefüllt mit Marmelade, Nuss-Nougat, Schoko-Nuss oder Mohn-Powidl, pikant mit Spinat und Feta, mit Gemüseragout und Wildkräutern oder Avocado und Rucola. Eispalatschinken ganz klassisch oder mit einer Kugel Vanilleeis gefüllt, beide Enden eingedreht, voilà: das Vanillezuckerl. Überbackene Topfenpalatschinken, so köstlich! Der Teig kann gefärbt werden mit Kakao, Himbeerpulver, Kurkuma oder Spinat – oder macht Wraps draus und nehmt sie mit ins Büro oder zum Picknick. Auch super: eine Palatschinken-Party, bei der alles, was Kühlschrank und Vorratskammer an Füllungen hergeben, auf den Tisch gestellt wird. Und wenn dann was übrig bleibt, werden Frittaten draus. So. Genial. Palatschinken sind der Wahnsinn.



Palatschinken – mein Grundrezept


Perfekt sind meine Palatschinken nicht. Zu unrund, zu zerfranst, manchmal weder Landkarte noch Leopard und von einer Zartheit, dass das Licht durchscheinen kann, bin ich meist meilenweit entfernt. Aber egal, sie schmecken!

Zutaten für etwa 15 – 20 Stück

Für den Teig
500 ml Milch (Kuhmilch oder gerne auch Hafermilch)
1 großzügige Prise Salz
250 g Mehl
3 – 4 Eier, je nach Größe

Außerdem
Rapsöl oder Butterschmalz zum Ausbacken

1. Zunächst den Palatschinkenteig bereiten. Dafür alle Zutaten zu einem glatten, klümpchenfreien Teig verrühren. Den Teig abdecken und einige Zeit rasten lassen, bei mir sind es meist zwischen 15 und 30 Minuten.

2. Beim Ausbacken arbeite ich parallel mit zwei Pfannen, damit es schneller geht. Butterschmalz oder Öl und einen Backpinsel sowie einen Teller für die fertigen Palatschinken bereitstellen. Die Pfannen gut heiß werden lassen und befetten. Eine Portion Teig (die Menge bekommt man ins Gefühl) einfüllen (ich halte die Pfanne dafür etwas schräg) und durch Schwenken der Pfanne gleichmäßig verteilen. Backen, bis die Oberfläche abgetrocknet ist, dann die Palatschinke wenden und noch kurz auf der zweiten Seite fertig backen.

3. Aus der Pfanne auf den Teller gleiten lassen. Die Pfanne erneut befetten und weiter geht’s. Macht euch nichts draus, wenn die ersten Palatschinken nicht besonders ansehnlich werden – dann war die Temperatur der Pfanne noch nicht ideal. Hier gilt immer noch:

Die erste ist für den Hund, die zweite für den Koch und erst die dritte für den Gast.

Für weiteren Palatschinken-Input schaut doch auch bei Eva und Susanne vorbei!



Und weil ihr immer so lieb und brav seid, verrate ich euch als Bonus noch Tobias Müllers vorläufig perfektes Palatschinken-Rezept, aufgeschnappt im Radio und natürlich sofort für mich und euch notiert:

Für den Teig: 100 g glattes Mehl Type 700, 1 Ei, 1 Dotter, 10 ml Öl oder braunes Butterschmalz, 1 Prise Salz, 230 ml Milch.
Rastzeit: 30 Minuten bis max. 5 Stunden.
Ausbacken mit viel Fett, am besten in geklärter Butter.

Ach übrigens: Kurt trug gestern ein neues Hemd!

12 Kommentare:

  1. Die Geschichte mit Kurt ist sehr nett! Auch, dass er die Blumen nicht am Valentinstag verschenkt.
    Es war jetzt einmal in Ö1 eine ganze Sendung nur über Palatschinken, eben u.a. mit Tobias Müller, der drüber referiert hat, wie er sie am liebsten mag. Und wie du richtig schreibst: Jede macht sie anders.

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    1. Genau die Sendung auf Ö1 hab ich auch gehört, daher stammt auch das Rezept von Tobias Müller ... (Ja, er heißt Tobias, nicht Thomas - das wird gleich noch editiert ;-)).
      Alles Liebe!

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  2. 1 Ei auf 50g Mehl und 1dl Milch sowie 1 Prise Salz für Omeletten, 1dl Milchwasser für Crêpes. So gelernt in der Schule vor mehr als 50 Jahren, seither das Grundrezept nicht geändert. Nur bisweilen etwas experimentiert mit verschiedenen Mehlen, verschiedenen Flüssigkeiten oder verschiedenen Fetten. Nur in der Luft drehen geht immer noch nicht... Gruss Bea

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    1. Na dann hab ich schon wieder ein Rezept zum Ausprobieren ... Am Schupfen beiß ich mir die Zähne aus, das ist bisher noch nie was geworden ;-))) DANKE liebe Bea!

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  3. Ja, die ersten 2 sind für die Köchin (weil kein Hund im Haus), mit Marmelade und gleich im Stehen neben dem Herd...
    lg

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  4. So ansprechend und mit Augenzwinkern geschrieben - dankeschön dafür.

    LG Elena

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  5. Das mit den Palatschinken für die Köchin kenne ich nicht. Aber dafür mit Kartoffeln: meine Oma hat von den gekochten Kartoffeln immer sofort eine mit Butter und Salz gegessen. Und ja, Blumen lieber zu Lichtmess! Oder ganz grundlos. Liebe Grüße!

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    1. Deine Oma hatte recht ... Man muss auch mal egoistisch sein dürfen ;-)
      Alles Liebe!

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  6. Liebe Maria,
    habe ich dir schon geschrieben, dass ich deine Texte liebe. Dieser ist auch wieder einmal wunderbar und eröffnet mir ganz neue Welten, hab vielen Dank dafür.
    Sei herzlichst gegrüßt
    Sigrid

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    1. Ich glaube JA, liebe Sigrid ... Aber ich lese und höre es IMMER WIEDER GERN ♥
      Ganz liebe Grüße!

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