Ich bin eine glühende Verehrerin dieser kleinen, regionalen Kochkurse, die nicht von Profiköchen abgehalten werden, sondern von Ortsbäuerinnen, Bäckern aus Leidenschaft oder anderen Kulinarrischen. Da finde ich mich dann wieder in einer fröhlichen, überschaubaren Runde von zumeist Frauen, Alter vonbis, und schon mit den Begrüßungsworten fühlt es sich an, als würde man sich ewig kennen. Eine fruchtbare Lernatmosphäre entsteht, getragen von authentischem und bodenständigem Wissen, gewürzt mit ganz viel Lust am Tun. Auf jede Frage eine Antwort, für jedes Rätsel eine Lösung.
Beim gemeinsamen Kochen wird dann geplaudert und gegackert, dass es eine Freude ist: Es geht um die neuesten Gerüchte, Figurprobleme und natürlich: Männer. Und während die jüngeren Frauen meist noch liebevoll über deren (Nicht-)Eigenschaften scherzen, mischt sich bei den älteren schon ein wenig Galgenhumor dazu. Das ist Klischee in Reinkultur, ich weiß, aber ja, es ist so. Und ich finde es wunderbar.
Es ist schon etwas länger her, dass ich am LFI den Kurs „Gebildbrote und Brauchtumsgebäck“ belegt habe. Dort habe ich gelernt, fabelhaften Brioche zu backen, in den verschiedensten Formen, zu den unterschiedlichsten Anlässen. Seitdem ist der Allerheiligenstriezel hausgemacht, am liebsten mit einer dicken Schicht Zuckerglasur überzogen. Heuer war am 1. November allerdings weder das Patenkind greifbar noch Zeit zum Backen übrig. Was für ein Glück, dass Brioche immer schmeckt.
Brioche
Wenn ich Brioche backe, mache ich meist zwei klassische Allerheiligenstriezel und dazu noch einige Wiener Knöpfe. Beides sieht wahnsinnig schön aus und geht wirklich einfach. Die folgende Menge Teig reicht für zwei Allerheiligenstriezel und sieben Wiener Knöpfe:
1 kg glattes Mehl
100 g Zucker
1 Prise Salz
Schale von ½ Zitrone
1 TL Vanillezucker
150 g Rosinen
375 ml Milch
150 g Butter
1 Würfel frische Germ
2 Eier
1 Dotter und etwas Milch, versprudelt, zum Bestreichen
Hagelzucker zum Bestreuen
Staubzucker für die Glasur
1. Alle Zutaten für den Teig sollten zimmerwarm sein.
2. Mehl, Zucker, Salz, Zitronenschale, Vanillezucker und Rosinen in einer großen Schüssel vermischen. Von der Mischung eine Tasse voll herausnehmen und zur Seite stellen – sie wird später zum „Einstellen“ des Teiges verwendet.
3. Milch auf etwa Körpertemperatur erwärmen, Butter in kleine Stücke schneiden und darin erweichen. Germ einbröseln und in der Milch auflösen.
4. Die Eier verschlagen.
5. Das Backrohr auf 50 °C vorheizen (damit es der Teig beim Gehen schön kuschelig hat).
6. Die Mehlmischung mit der Milchmischung und den Eiern zu einem glatten Teig verkneten. Dabei die zur Seite gestellte Tasse Mehlmischung dazu verwenden, die gewünschte Festigkeit einzustellen (diese ist nämlich immer von der Eigröße abhängig). Der Teig sollte weich und elastisch sein, aber nicht mehr kleben.
7. Das Backrohr ausschalten, den Teig in der Schüssel mit einem Geschirrtuch abdecken und ins Rohr stellen. Nun kann er in Ruhe gehen, etwa 1 – 2 Stunden.
8. Den Teig aus der Schüssel nehmen und auf der Arbeitsfläche gut verkneten. Wer mag, kann nun den Teig nochmals eine halbe Stunde in der Schüssel gehen lassen (dann wird die Krume noch feiner).
9. Nun werden Teigstücke abgewogen. Das ist wichtig, damit die Stränge für die Striezel und Knöpfe gleich lang werden und das Flechtwerk schön gleichmäßig aussieht!
Für 1 Striezel braucht man: 6 x 100g
Für 1 Knopf braucht man: 2 x 50g
Ich habe also mit der Teigkarte 12 100g-Stücke für die zwei Striezel abgewogen und 14 50g-Stücke für die sieben Wiener Knöpfe.
11. Jetzt geht es daran, Stränge zu formen. Dazu nimmt man eine Teigkugeln, drückt sie mit dem Handrücken platt, klappt das untere Drittel nach oben und das obere Drittel nach unten und dann: rollen, wuzeln oder wie immer ihr dazu sagt (wieder ohne Mehl!). Ich weiß nicht mehr genau, was es eigentlich mit diesem „drittel, drittel, zaum“ auf sich hat, aber der Kursleiterin war es sehr wichtig, daher wird es schon gute Gründe dafür geben.
Der Teig ist sehr elastisch und zieht sich immer wieder ein wenig zusammen. Er braucht Zeit, um sich zu entspannen. Deshalb immer nur ausrollen, soweit es eben grade geht, dann zur Seite legen und den nächsten Strang ausrollen. Hat man alle durch, fängt man wieder mit dem ersten an, kann nun schon ein wenig länger ausrollen, usw. Je nach Stranglänge sind mehrere Durchgänge nötig.
12. Zuerst einmal alle Stränge für die Wiener Knöpfe in mehreren Durchgängen auf eine Länge von etwa 30 cm ausrollen. Pro Knopf braucht man zwei Stränge. Das Formen der Knöpfe geht so:
Einen Längsstrang auflegen, darüber den Querstrang (Bild 1).
Das obere Ende des Längsstrangs in die rechte Hand nehmen, das untere Ende in die linke. Nun führt man das obere Ende nach unten links, das untere Ende gleichzeitig nach unten rechts. Dabei so überkreuzen, dass das Teigende in der rechten Hand unter dem in der linken Hand zu liegen kommt. Der Querstrang bleibt dabei einfach liegen (Bild 2).
Den rechten Teil des Querstrangs nach unten innen ablegen (Bild 3).
Den linken Teil des Querstrangs nach unten innen ablegen und dabei einflechten (Bild 4).
Die letzten beiden Schritte noch 1 – 2 Mal wiederholen, je nach Länge der Teigstränge (Bild 5).
Das untere Ende des Flechtwerks nach oben biegen und andrücken (Bild 6).
Das Flechtwerk umdrehen. Voilà (Bild 7).
13. Die Knöpfe auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und abdecken. Jetzt können sie nochmals gehen.
14. Für die Striezel in oben beschriebener Weise die Stränge auf etwa 50 cm ausrollen. Ihre Form muss konisch sein, also in der Mitte dicker, die Enden dünner, damit der Zopf auch einen schönen Bauch kriegt. Das Flechten eines Sechsstrangzopfes geht dann so:
Pro Striezel sechs Stränge an einem Ende zusammennehmen und gut zusammendrücken oder mit einem schwereren Gegenstand fixieren. Drei Stränge nach links legen, drei nach rechts (Bild 1).
Beginnen auf der rechten Seite: Den rechten äußeren Strang in die Mitte legen (Bild 2).
Weiter auf der linken Seite: den mittleren Strang der linken Dreiergruppe ganz nach rechts außen legen (Bild 3). Die Stränge wieder schön in eine linke und rechte Dreiergruppe anordnen.
Nun werden immer die letzten beiden Schritte wiederholt, nur wird dabei immer die Seite gewechselt. Es geht also nun weiter auf der linken Seite: Den linken äußeren Strang in die Mitte legen (Bild 4).
Weiter auf der rechten Seite: den mittleren Strang der rechten Dreiergruppe ganz nach links außen legen (Bild 5). Die Stränge wieder anordnen.
Wieder die zwei Schritte, wieder von der anderen Seite: Den rechten äußeren Strang in die Mitte legen (Bild 6).
Den mittleren Strang der linken Dreiergruppe ganz nach rechts außen legen (Bild 7). Stränge anordnen.
Weiterflechten, bis der ganze Zopf geformt ist (Bilder 8 und 9).
Sobald man es kapiert hat, macht es einen Heidenspaß! Vielleicht als Merkregel:
Einser (der einen Seite) in die Mitte, Zweier (der anderen Seite) nach außen. Dann Seite wechseln.
15. Die Striezel auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech setzen, zudecken und gehen lassen.
16. Den Backofen auf 160 °C Heißluft vorheizen.
17. In der Zwischenzeit die Wiener Knöpfe mit dem Dotter-Milch-Gemisch bestreichen und mit Hagelzucker bestreuen. In etwa 20 – 25 Minuten goldbraun backen.
18. Sind die Knöpfe fertig, sind auch die Striezel bereit zum Backen. Wer möchte, kann sie ebenfalls mit Dotter-Milch bestreichen und mit Hagelzucker bestreuen. Ich mag die Striezel allerdings am liebsten mit Zuckerglasur, daher backe ich sie „unbehandelt“. In 35 – 45 Minuten sind sie fertig.
19. Nach dem Überkühlen für die Zuckerglasur pro Striezel etwa 100 g Staubzucker mit etwas kaltem Wasser dick anrühren und das Gebäck überziehen.
Am liebsten würd ich jetzt gleich wieder von vorne anfangen.