Mittwoch, 24. Oktober 2012

Der Männlein-Murks

 

Das Männlein steht im Walde. Und ich auf der Leitung. Einer Genaunehmerin wie mir gibt das Kinderlied von Hoffmann von Fallersleben einige Rätsel auf. Und als solches wurde es ja eigentlich auch konzipiert: Die erste Strophe führt ganz bewusst auf den sprichwörtlichen Holzweg. Steht still und stumm, auf einem Bein, im purpurroten Mäntelein. Der Fliegenpilz!

 

Ich muss zugeben, das dachte ich lang. Irgendwann rutschte dann aber die zweite Strophe in mein Bewusstsein, mit ihr das schwarz Käpplein klein und damit auch das wichtigste Indiz für des Rätsels Lösung: Das Männlein ist die Hagebutte. Ich hab es hingenommen in meiner kindlichen Unbekümmertheit. Und eigentlich ist es ja auch egal. Aber naja, irgendwie dann doch wieder nicht, Ungenauigkeiten stören mich halt. So hundertprozentig passen die Verse nämlich nicht zur Hagebutte. Sie wächst doch wohl eher am Waldrand als im Wald selbst, oder etwa nicht? Und sie steht auch nicht allein, sondern zusammen mit vielen anderen Männlein, Frucht an Frucht.


Naja, wenn ich so darüber nachdenke, vielleicht sollte ich sie mir einfach wieder aneignen, diese Unbekümmertheit, dieses befreiende Wurschtigkeitsgefühl, zumindest was solche Dinge betrifft. Und stattdessen in die Küche gehen und backen. Keine Crazy mushroom-Cookies. Sondern Weckerl, die auch dem Männlein im Walde schmecken würden.



Hagebuttenweckerl mit Kräutern

(nach einem Rezept aus „So schmecken Wildpflanzen“ von Meinrad Neunkirchner und Katharina Seiser, erschienen im loewenzahn Verlag)

Zutaten für etwa 20 Stück

600 g glattes Mehl
350 ml warmes Wasser
½ Würfel frische Germ
50 ml Olivenöl
1 gestrichener Teelöffel Salz
1 EL frischer, grob gehackter Rosmarin
1 TL frischer, grob gehackter Salbei
1 EL Hagebuttenmarmelade
etwas Olivenöl zum Bestreichen, etwas Rosmarin zum Bestreuen

1. Die frische Germ im warmen Wasser auflösen und mit den restlichen Zutaten zu einem glatten Teig verkneten (ich habe für die Weckerl kein Dampfl angesetzt wie im Rezept angegeben). Mit einem Geschirrtuch zudecken und an einem warmen Ort etwa 30 - 45 Minuten gehen lassen.

2. Den Teig in Stücke teilen, jedes Stück etwa 50 – 60 g schwer, und zu Kugeln schleifen.

 

3. Die Kugeln auf ein mit Backpapier ausgelegtes Blech legen und oben mit einer Schere oder einem Sägemesser kreuzweise einschneiden.

4. Das Backrohr auf 190 °C vorheizen.

5. Die Teiglinge mit Olivenöl bestreichen, mit Rosmarin bestreuen und nochmals 10 Minuten offen gehen lassen.

6. In etwa 20 – 25 Minuten goldbraun backen.

Die Weckerl schmecken ganz frisch und nur mit Butter bestrichen so wunderbar, dass es kaum zu beschreiben ist. Eine echte Empfehlung!


Und jetzt alle!

Ein Männlein steht im Walde ganz still und stumm.
Es hat von lauter Purpur ein Mäntlein um.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
das da steht im Wald allein
mit dem purpurroten Mäntelein.

Das Männlein steht im Walde auf einem Bein
und hat auf seinem Haupte schwarz Käpplein klein.
Sagt, wer mag das Männlein sein,
das da steht im Wald allein
mit dem kleinen schwarzen Käppelein.

gesprochen:
Das Männlein dort auf einem Bein
mit seinem roten Mäntelein
und seinem schwarzen Käppelein
kann nur die Hagebutte sein.
Samstag, 20. Oktober 2012

Das Mädel vom Land ist ...


Viel Spaß beim Lesen!
Dienstag, 16. Oktober 2012

Blasentee, sehr grotesk


Spätestens seit der weltgrößte Schnellimbiss dieses Getränk auf seiner Karte führt, kennt ihn jedes (große und kleine) Kind: Bubbletea. Was für ein Hype! Geradezu grotesk.

1. Ich konnte es nicht lassen, MUSS-Modus, leider. Bei Neuigkeiten an der Lebensmittelfront werde ich einfach schwach.
Ich in der Bubbletea-Bar: „Medium oder Large?“, fragt mich die äußerst trendy gestylte Dame hinter der Theke. „Medium“, sage ich vorsichtig und während ich darüber nachdenken will, warum es keine Small-Variante gibt, kommt schon die nächste Frage: „Heiß oder kalt?“ „Äh, kalt“, antworte ich. „Welches Topping?“ – „Äh, äh …“ Meine Ähs werden immer mehr, auf so viele Fragen bin ich nicht vorbereitet. Nach längerer, sehr geduldiger Beratung entscheide ich mich schließlich für den Klassiker, Schwarztee mit Milch, dazu Tapiokaperlen, mit Honig und Rohrzucker gesüßt, ohne jeden Schnickschnack. Keine bunten Kugeln, die „im Mund ganz lustig aufplatzen“, keine Jellies, die „wie weiche Gummibärlis schmecken“, kein (sicher künstlicher) Flavour im Tee.
Ok, schlechte Entscheidung (wobei ich mittlerweile bezweifle, dass es bei Bubbletea überhaupt gute Entscheidungen gibt). Ich bin nur froh, dass ich beim ersten Schluck im Auto saß, denn als die Tapiokas anfingen, durch den dicken Strohhalm hochzububbeln, hab ich sicher nicht sehr schön ausgesehen. Um es kurz zu machen: Bubbletea schmeckt scheußlich, zumindest meiner. Viel zu süß, ganz arg brandig und diese Kugerl … Also ehrlich: Wer auf DAS Mundgefühl nicht vorbereitet ist, der erlebt eine Überraschung. Ganz sicher.

2. Auf der Homepage der Bubbletea-Bar ist zu lesen: Bubbletea macht glücklich, weil Tapioka so angenehm weich und süß ist. Bubbletea macht schön, weil die hübschen Toppings Magen & Augen gut tun. Und Bubbletea inspiriert, weil durch den Tee die Wahrnehmung geschärft wird. Hä?

3. Mittlerweile hat sich Widerstand formiert: Konsumentenschützer und Kinderärzte kritisieren, dass Bubbletea viel zu viel Zucker enthalte, dazu jede Menge künstliche Farbstoffe und Aromen. Es bestehe außerdem die Gefahr, dass die Bubbles versehentlich in die Luftröhre geraten, insbesondere bei Kleinkindern.
Irgendwie will ich einfach nicht glauben, dass es Mütter gibt, die ihren Kindern Bubbletea kaufen. Oder dass es Kinder gibt, denen so etwas schmeckt.

4. Völlig absurd: Ausgerechnet Prof. Kurt Widhalm, Präsident des Österreichischen Akademischen Instituts für Ernährungsmedizin, findet, dass Bubbletea aus ernährungsphysiologischer Sicht bedenkenlos konsumiert werden kann. Eines seiner Argumente: „Sämtliche Zutaten sind von Anfang an konform mit europäischen Lebensmittelrichtlinien.“ Ja, Herr Professor, was denn sonst?


Sorry, du kleiner Bubbletea-Stempel, aber du wirst wohl ein Einzelkind bleiben.

P.S.: Wer es trotzdem nicht lassen kann, der sollte sich zumindest an selbst gemachtem Bubbletea versuchen. Rezepte dazu gibt es mehr als genug, zum Beispiel hier oder hier.
Freitag, 12. Oktober 2012

Wer bremst, verliert

Von eins …


… auf viele …



… in 24 Sekunden?

Jaja, das geht. Mit der richtigen Technik.

An und für sich sind technische Angelegenheiten ja eher was für Männer. Sagen die. Und ich auch, weil es mich einfach nicht freut, Autoreifen zu wechseln oder kaputte Zäune zu reparieren. Wenn es aber um Küchentechnik geht, da bin ich aufnahmefähig.

Hier folgt nun eine geniale Schneidetechnik für Steinfrüchte wie Pfirsiche oder Nektarinen. Sie ist besonders empfehlenswert, wenn es darum geht, so wenig Geschirr wie möglich anzupatzen, um so wenig Geschirr wie möglich abwaschen zu müssen. Im Urlaub zum Beispiel.


Das Wichtigste dabei ist, dass das Fruchtfleisch immer am Kern bleibt, bis zum Schluss. Man schneidet zuerst längst rundherum, am Kern entlang, bis es acht Spalten sind (1 – 4). Und dann schneidet man spiralförmig von oben nach unten (5). Voilà, schon zerfällt der Rundling in seine Einzelteile!

Übrigens bin ich gerade dabei, ebendiese Technik zu perfektionieren. Ich glaub, ein paar Hundertstel sind noch drin. J
Mittwoch, 3. Oktober 2012

Tea Time mit Hagebutte


Die besten Geschichten sind oft die, die das Leben schreibt: Während einer Bahnfahrt durfte ich neulich zwei jungen Damen lauschen, die, so hörte ich aus dem Gespräch heraus, vorhatten, am Abend einen Kuchen zu backen. Ein Auszug:

„Welches Mehl sollen wir nehmen?“, fragte die eine. „Weizenmehl?“
„Nein, lieber Dinkelmehl, das ist gesünder“, meinte die andere.
„Aber ist das nicht das mit den schwarzen Punkten?“
„Ja, schon“, so die Antwort, „aber es hat mehr Vollwert. Und weniger Kalorien.“
Ich musste kurz in meinen Ärmel prusten.
„Glaub ich halt“, kam gleich darauf ein Nachsatz.
Möglicherweise war ich ein wenig zu laut. Aber egal, das Kalorienargument hat gewirkt, Dinkelmehl also.
„Ach ja, und Nüsse brauchen wir auch. Gibt’s die nicht auch zerbröselt?“, fragte wieder die eine, worauf die andere in schallendes Gelächter ausbrach.
„Oida, zerbröselt, haha, gerieben heißt das, ge-rie-ben, hahaha! Hast du überhaupt ein Rezept?“
„Äh … nein …“
„Dann kann ich dir gleich sagen, dass der Kuchen grindig wird. Der wird grindig ohne Rezept.“

Also am liebsten wäre ich aufgestanden, hätte die beiden Teenies an ihren Ohren hochgezogen und ihnen erklärt, wie das mit dem Kuchenbacken so läuft, dass sie sich mit ziemlicher Sicherheit selbst überschätzen was ihre Kompetenz betrifft, ohne fremde Hilfe einen Kuchen aufs Blech zu bringen und dass mir dieses „Oida“ schon lange sehr extrem auf die Nerven geht. Aber das hab ich natürlich nicht getan. Denn erstens hat ja nicht jeder das Glück, schon als Kind in Teigschüsseln rühren zu dürfen. Und zweitens passiert es auch mir immer wieder, dass sich die Grenzen meiner küchentechnischen Leistungsfähigkeit diffus verwischen. Man könnte auch sagen: Manchmal bin ich eine Träumerin.

Vor kurzem träumte ich, ich würde ein ganzes Kilo leuchtend roter Hagebutten eigenhändig halbieren, die Kernchen auskratzen, die vielen feinen Härchen entfernen und diese wundervollen Früchte zu einer feinen Marmelade einkochen. Naja, da hab ich mich ordentlich verträumt, die Rechnung habe ich ohne das Männlein im Walde gemacht. Das Ganze ist nämlich verflixt viel Arbeit. In meiner Not (oder besser gesagt: Fitzelunlust) habe ich dann versucht, einfach die halbierten Früchte weich zu kochen und zu passieren, aber: Forget it. Kein Passiersieb der Welt kann das schaffen. Trotzdem, die Sache hat auch was Gutes: Beim Versuch, die Hagebutten zu passieren, habe ich wieder geträumt – von Hagebuttenketchup, Hagebutten-Orangen-Joghurt, mmh ... Schon interessant: Noch während mir bewusst wird, dass ich mich mit den Hagebutten übermacht habe, übermache ich mich schon präventiv – fürs nächste Jahr, möglicherweise.

Schlussendlich habe ich die verbliebenen Hagebutten kandiert – da hält sich der Aufwand glücklicherweise in Grenzen. Und das Ergebnis ist … ein Traum.


Kandierte Hagebutten

(aus: „So schmecken Wildpflanzen“ von Meinrad Neunkirchner und Katharina Seiser, erschienen im loewenzahn Verlag)

Zutaten für etwa 2 Handvoll

500 g reife, halbierte und entkernte Hagebutten (Die Kernchen unbedingt aufheben – weiter unten mehr!)
¼ l Wasser
600 g Kristallzucker

1. Wasser und Zucker aufkochen und etwa 8 Minuten kochen lassen.

2. Hagebutten in den Sirup geben, einmal gut aufkochen. Herausnehmen und auf ein Blech mit Backpapier legen.

3. Bei Zimmertemperatur offen etwa 1 Woche trocknen lassen.

4. Aufbewahren: In gut verschließbaren Dosen zwischen Backpapier geschichtet, damit sie nicht zusammenkleben – so sind sie etwa 3 – 4 Monate haltbar.


Die kandierten Hagebuttenfrüchte habe ich dann folgendermaßen „veredelt“:


Hagebuttenkrapferl mit Haselnüssen

(ebenfalls aus: „So schmecken Wildpflanzen“ von Meinrad Neunkirchner und Katharina Seiser, erschienen im loewenzahn Verlag)

Zutaten für etwa 40 Stück

300 g glattes Mehl
200 g weiche Butter
100 g Staubzucker
100 g geriebene geröstete Haselnüsse
Salz
1 EL Vanillezucker
2 Dotter

Hagelzucker
Hagebuttenmarmelade (leider nicht selbst gemacht, ich hatte es ganz fest vor, aber naja – dafür dann gekauft in der Schlemmerei, Bio-Hagebutten-Marmelade vom Lukashof, bestehend aus Hagebuttenmark, Rohrohr- und Vanillezucker, Apfel- und Orangensaft und Orangenschale – einer der wunderbarsten Geschmäcker der letzten Zeit)
Kandierte Hagebutten

1. Für den Teig alle Zutaten rasch zu einem glatten Teig verkneten. In Klarsichtfolie wickeln und 1 Stunde im Kühlschrank rasten lassen.

2. Teig vierteln, zu fingerdicken Rollen formen und in etwa 2 cm breite Stücke schneiden.

3. Daraus Kugeln formen und eine Seite in Hagelzucker tauchen.

4. Auf ein Blech mit Backpapier setzen und mit einem Kochlöffelstiel eine Vertiefung in die Oberseite drücken.


5. Bei 190 °C etwa 20 Minuten backen (bei mir hat die angegebene Backzeit von 6 – 7 Minuten nicht wirklich gereicht). Kekse überkühlen lassen.

6. Hagebuttenmarmelade in die Vertiefung der Krapferl füllen und mit kandierten Hagebutten garnieren.


Und damit die ganz zu Beginn angekündigte Tea Time ihrem Namen auch gerecht wird, empfehle ich:

 

Kernlestee

Die Kernchen der Hagebutten sind etwas ganz Besonderes. Sie enthalten Vanillin, was einen Tee daraus einfach bezaubernd macht. Das Aroma kommt jedoch nur dann so richtig heraus, wenn die Kerne zuvor kalt angesetzt werden!

2 EL Hagebuttenkernchen (vom Auskratzen der Früchte)
½ l kaltes Wasser
Honig nach Bedarf

1. Steinchen gründlich waschen, damit die Härchen entfernt werden, dann auf ein Tablett legen und trocknen lassen oder auch gleich verwenden.

2. Für den Tee 2 EL Kernchen über Nacht in ½ l kaltem Wasser ansetzen.

3. Am nächsten Tag dann 5 – 10 Minuten kochen lassen.

4. Abgießen und nach Bedarf süßen.


Die Einladung zur Tea Time könnte übrigens so aussehen. Wirklich allerliebst, finde ich.

An dieser Stelle klinke ich mich für einige Tage aus.
Bis bald, angenehme Nachmittagsstunden mit Tee und Gebäck und überhaupt: Eine schöne Zeit!