Samstag, 31. März 2012

Im Wald, da knofelt's wieder

Der Bärlauch hat’s geschafft. Er ist kein unscheinbares Wildpflanzerl mehr, kein Unkraut, das nicht und nicht vergeht. Nein, der Knofi des Waldes ist so beliebt, dass alle Frühjahre wieder ganze Heerscharen durch die Haine und Auen streifen, die würzigen Blätter in Büscheln aus der Erde rupfen und daheim zu Suppe, Sauce und Pesto verkochen. Und auch im Restaurant oder beim Wirten kommt man derzeit kaum daran vorbei. Schmeckt ja gut, warum also nicht. Was aber die wenigsten wissen: Bärlauch ist ein altes Orakelkraut. Was ist denn das? Und wie funktioniert’s? Bitte erst mal weiterlesen. 

Bärlauchspätzle mit Bröseltopfen und geröstetem Buchweizen. Gelesen am Wochenspeiseplan vom Linzer Salzamt. Hier werkt und wirkt der mehr als sympathische Held der Mühlviertler Küche, Georg Friedl. Seine „mühlvierteln“-Events sind legendär: Er kocht gerne in alten Bauernhöfen (derzeit jedoch vor allem im Salzamt) und in einer Manier, die mindestens hundert Sterne verdient. Seine Zutaten stammen aus der Region, seine Rezepte aus einer längst vergangenen Zeit. In diese fühlt man sich zurückversetzt, wenn man Friedls Küche genießt. Umso mehr natürlich, wenn man das Glück hat, dabei auch noch in der alten Stube eines denkmalgeschützten Bauernhofs zu sitzen. Unvergesslich die butterzarten Leinölerdäpfel, der weiße Speck (hauchdünn geschnitten, auf der Zunge schmelzend), die frischen Erdmandeln, das Sauerklee-Eis, …

Bärlauchspätzle mit Bröseltopfen und geröstetem Buchweizen. Gelesen also, ein inneres Bild generiert, in die www-Kategorie einsortiert (wahrscheinlich wahnsinnig wohlschmeckend), Zutatenverfügbarkeit gecheckt und schon stand ich in der Küche.

Das Gericht ist gelungen: Der Bröseltopfen bringt eine fein säuerliche Note, die gut zum Bärlauch passt, der geröstete Buchweizen schmeckt nussig und knackt wunderbar mürbe im Mund. Es wäre nun verlockend, weil äußerst interessant, im Salzamt nachzufassen: War es so gemeint? Oder doch ganz anders?



Bärlauchspätzle mit Bröseltopfen und geröstetem Buchweizen

Zutaten für 4 Personen

350 g Mehl
3 Eier
1 EL Öl
Salz
Muskatnuss
1 Bund Bärlauch
200 g Schlagobers oder Sauerrahm
ein Schuss Milch

2 EL Butter
4 – 6 EL Bröseltopfen
4 EL Buchweizen

1. In einem großen Topf ausreichend Wasser erhitzen.

2. Bärlauch mit Schlagobers oder Sauerrahm und einem Schuss Milch im Standmixer fein pürieren.

3. Mehl, Eier, Öl, Salz und Muskatnuss sowie die Bärlauchmasse gut verrühren. Falls notwendig, die Konsistenz mit Milch oder Mehl anpassen.

4. Portionsweise Spätzle machen (mit dem Spätzleschlitten oder, so wie ich, mit einer Teigkarte von einem Teller schaben) und im heißen Salzwasser garen. Schwimmen sie oben, sind sie fertig und können mit einem Schaumlöffel herausgehoben werden.

4. Butter in einer großen Pfanne zerlassen. Spätzle und Bröseltopfen dazugeben und kurz vermischen, mit Salz abschmecken.

5. Den Buchweizen in einer Pfanne ohne Fettzugabe vorsichtig rösten, bis die Körner zu duften beginnen und Farbe annehmen. Vorsicht – der Grat zwischen Farbe annehmen und verbrennen ist ziemlich schmal!

6. Die Spätzle auf Tellern anrichten, mit dem Buchweizen bestreuen und servieren.

7. Genießen.

8. Wein austrinken, aufstehen, Tisch abräumen, abwaschen, mit dem Hund Gassi gehen, duschen, dies und jenes erledigen. Eigentlich ganz egal. Wichtig ist nur: Für die nächsten 24 Stunden genau in den Körper hineinhorchen und versuchen, seine Signale zu empfangen. Wenn es in dieser Zeit nämlich irgendwo zwickt oder zwackt, dann hat das Orakel gesprochen: Es hat eine (körperliche) Schwachstelle aufgezeigt, die ernst genommen werden möchte.


Angeblich funktioniert diese Prophezeiung nur beim ersten Bärlauch-Genuss des Jahres. Vielleicht ist das der Grund, warum es bei mir weder gezwickt hat noch gezwackt. Oder ich bin einfach pumperlg'sund.
Donnerstag, 29. März 2012

Wenn der Postmann zweimal klingelt …

… dann steht er schon ungeduldig vor der Haustür mit meiner neuen Amazon-Lieferung (die schwer ist, ziemlich schwer).


Ich liebe Bücher! Echte Bücher, wohlgemerkt. Solche zum Anfassen und Umblättern, zum ganz nah heran Halten und daran Riechen, zum ins Regal Stellen und wieder Herausnehmen, zum Einband Betrachten und über die Bilder Streichen, zum in die Küche Mitnehmen und daraus Kochen … Ein e-Book hingegen, das kommt mir nicht ins Haus. Das ist irgendwie, das ist einfach, nein, das geht schon rein gefühlsmäßig gar nicht. Es mag vielleicht ganz praktisch sein, wenn man in Urlaub fährt, weil man sich dann eine Menge Gewicht erspart (mehr Vorteile fallen mir schon nicht mehr ein), aber den möchte ich sehen, der ruhig bleibt, wenn Spritzer vom Kuchenteig auf dem nagelneuen i-Pad landen oder beim Saucen kosten etwas daneben geht.

Kochbücher liebe ich ganz besonders. Oft lese ich sie wie einen Roman, von vorne bis hinten und in einem durch. (Lese ich manche Romane wie Kochbücher?) Diese Leidenschaft habe ich, wie so vieles andere auch, meiner lieben Mama zu verdanken, die sich immer wieder einmal schwört, nie wieder ein Kochbuch zu kaufen. Lustige Idee.



Ich habe heute meine Kochbücher gezählt.

248.

Schluck.

248?

Tatsächlich. 248 Kochbücher. Ich war selbst ein klein wenig erschrocken, aber eigentlich finde ich es schön. Immerhin sind auch einige Schätze darunter, wie das Handgeschriebene meiner verstorbenen Oma (mit DEM Kuchengenuss unserer Kindheit, ihrem feinen Marmor-Guglhupf) oder die Werke aus den 1960er bis 1980er Jahren, die mich immer wieder zum Schmunzeln bringen („Herbe Männer lieben Süßes. Deshalb habe ich hier für die Supermänner Rezepte aufgeschrieben, die auch den Superdamen gefallen werden.“).


Dazu kommen noch Unmengen an ernährungswissenschaftlicher Fachliteratur, Ernährungs- und Lebensmittelratgebern, Fach- und Kochzeitschriften, … Also ICH mag meine Ess-Bibliothek.

Wer sich jetzt beim Augenverdrehen oder Kopfschütteln erwischt, dem sei gesagt:
1) Jeder hat seine Leidenschaft (seinen Vogel).
2) Es gibt Leute, die noch viel leidenschaftlicher sind als ich. Das ist ja bekanntlich immer so, ganz egal, worum es geht. Eine dieser Leute ist die Dame hinter esskultur.at, meinem absoluten Favourite in der Food-Blogosphäre. In vielem von dem, was Katharina Seiser so grandios schreibt, erkenne ich mich wieder (ihre Leidenschaft für gutes Essen, ihr Faible für Listen, ihr Interesse an Wildpflanzen). Und sie hat eindeutig mehr Bücher als ich. Eines davon hat sie selbst geschrieben, das ganz linke im unteren Bild: So schmecken Wildpflanzen. Empfehlung!


Katharina Seiser ist übrigens Vortragende beim Symposium des forum ernährung heute am 14. Juni 2012 in Wien: Freiheit oder Fremdbestimmung – Wie privat ist unser Essen? Ein tolles Thema. Auf Katharina Seiser freu ich mich besonders. Sie spricht über Hedonismus und Genuss.
Dienstag, 27. März 2012

Mädel liebt Dirndl

Weil Veilchen und Dirndln gleichzeitig blühen, ist das für mich ein guter Grund, die beiden auch kulinarisch zu vereinen. Wie in dieser schnellen Topfentarte beispielsweise, für die ich meinen letzten Dirndlmarmeladen-Vorrat, gekocht vom Schwerstarbeiter Wieser*, geplündert habe.



Schnelle Dirndl-Topfentarte mit Veilchenzucker

Zutaten für 1 Tarte

1 Packung Blätterteig
3 Eier
100 g Zucker
500 g Topfen (20 % F.i.T.)
20 g Speisestärke
3 große EL Dirndlmarmelade
Veilchenzucker zum Bestäuben

1. Eine gefettete Tarteform (26 cm) mit dem Blätterteig auslegen und dabei einen Rand formen. Mit einer Gabel mehrmals einstechen.

2. Eier mit Zucker schaumig schlagen, Topfen und Speisestärke unterrühren. Topfenmasse auf dem Blätterteig verteilen.

3. Dirndlmarmelade leicht erwärmen und – eventuell unter Zugabe von etwas Wasser, Rum oder dergleichen – glatt rühren. Klecksweise auf der Topfenmasse verteilen und mit einem Holzspieß „Schlieren“ durchziehen.

4. Bei 200 °C etwa 40 – 50 Minuten backen.

5. Etwas überkühlen lassen und mit Veilchenzucker bestreut genießen.

Variation:
Die Tarte lässt sich auch gut mit frischen oder tiefgekühlten Früchten wie Himbeeren, Heidelbeeren oder Erdbeeren zubereiten. Dafür belegt man die Topfenmasse noch vor dem Backen mit den Früchten. Die tiefgekühlten vorher auftauen lassen.


*Für alle die ihn nicht kennen: Das ist mein koch-, experimentier- und improvisierfreudiger Vater, der nebenbei auch noch eine kluge Methode zum schnellen Entkernen der Kornelkirschen entwickelt hat. Garantiert ohne Kinderarbeit, Patentanmeldung nicht ausgeschlossen.

Mein blaues Wunder

Wenn sich die ersten Schneeglöckchen durch die Erde kämpfen und ihre Blütenköpflein die Sonne genießen, dann ist zwar meist der Winter vorbei, der Frühling aber noch nicht unbedingt da. Der beginnt für mich erst an jenem Tag, an dem der zarte und süße Duft der Veilchen meine Nase streift und die Dirndl-Sträucher beginnen, in leuchtendem Gelb zu erstrahlen. Lieber Lenz, wie hab ich dich vermisst …


Dirndl, so heißt die Kornelkirsche im Volksmund und hach, allein dieser Name … Bevor ich sie allerdings in meinen Händen halten darf, klein und glatt und dunkelrot, vergeht noch gut ein halbes Jahr. Bis dahin gibt es in der Wildpflanzenküche viel zu tun. Seit ich letztes Jahr die Ausbildung zur Kräuterpädagogin am LFI abgeschlossen habe, bin ich ganz begeistert vom Potential, das in unseren „grünen Freunden“ schlummert.


Mein Wildpflanzenjahr hat vorgestern mit dem Veilchen begonnen. Ich habe daraus Veilchenzucker gemacht, der zum Verfeinern von Desserts, Kuchen und Mehlspeisen verwendet werden kann. Er ist ganz schnell hergestellt: Die Blütenblätter habe ich über Nacht auf Papier getrocknet, am nächsten Tag im Verhältnis 1:1 mit Zucker vermischt und in meiner elektrischen Kaffeemühle pulverisiert (ich habe mir für meine Wildkräuterexperimente eine eigene Mühle angeschafft). Das Ergebnis war dann allerdings ein wenig enttäuschend: Ich hatte mich auf einen bezaubernden Zucker mit blauem oder lila Farbschimmer gefreut, heraus kam ein fast gänzlich weiß gebliebenes Puder, durchzogen von kaum sichtbaren blauen Pünktchen.


Mmmh, naja, zumindest der Geschmack, der war sehr fein. Der Zucker kam zusammen mit einigen frischen Veilchenblüten in ein Glas, wurde verschlossen und ins Kastl gestellt.
Heute habe ich Kuchen gebacken und wollte ihn mit dem Veilchenzucker bestäuben. Ich nahm das Glas in meine Hände – und erlebte ein sprichwörtliches blaues Wunder: Der Zucker hatte sich über Nacht hellviolett verfärbt! Lag es an den zusätzlichen frischen Blüten oder braucht die süße Freude einfach seine Zeit? Egal …


Der farbliche Unterschied ist leider auf den Bildern nicht gut zu erkennen, aber er war doch ganz erstaunlich.

Hier noch einmal alles Wichtige zur Zubereitung von Blütenzucker:

* Zucker kann man mit vielen verschiedenen Blüten veredeln, es eignen sich Rose und Wildrose, Veilchen, Holunderblüten, Lindenblüten, Mädesüß, Labkraut, etc.
* Wichtig ist, nur die Blütenblätter zu verwenden, also alles Grüne zu entfernen. Das ist zwar mühsam, aber es lohnt sich auf jeden Fall!
* Das Mengenverhältnis zwischen Blüten und Zucker lässt sich variieren und hängt vom persönlichen Geschmack, aber auch von der Farb- und Geschmacksintensität der verwendeten Blüten ab.

Zur Herstellung von Blütenzucker gibt es dann zwei Wege:

Entweder:
1) Blütenblätter auf Papier trocknen lassen
2) Mit Zucker fein vermahlen – geht am besten in einer elektrischen Kaffeemühle

Oder:
1) Frische Blütenblätter und Zucker vermischen und in der Kaffeemühle oder mit dem Stabmixer sehr fein zerkleinern. Es entsteht eine leicht gefärbte, feuchte Zuckermasse.
2) Diese im Backrohr bei 50 °C und leicht geöffneter Ofentür etwa 1 – 2 Stunden trocknen lassen.
3) Dann bei Bedarf noch zerkleinern oder vermahlen.

Viel Spaß und Verblüffung mit eurem blauen Wunder!


Samstag, 24. März 2012

Zwergenweisheiten

Wer groß ist, lernt am Besten von den Kleinen: Konsequent durchs Leben gehen (das Mini-Mädel, 2, isst Butter - manchmal ausschließlich und den ganzen Tag). Wichtiges von Unwichtigem trennen (Michi, 3, findet sein Osternest mit einem liebevoll gebackenen, zuckerweißen Kuchenlamm, greift ziemlich unbeeindruckt zu den drei danebenliegenden, gar kleinen Schokoladeneiern und wendet sich großmütig seinem Papa zu: „Brot du!“). Immer sagen, was man denkt (Maxi, 3, sehr empört vorm Weihnachtsbaum: „Niiiiicht siiiiingeeeen!!!“). Und manchmal, da sprudeln Weisheiten aus den kleinen Menschen heraus, so treffend und punktgenau wie sie wohl kein Erwachsener formulieren könnte. Flo, 5: „Gell, Maria, die Schokolade, die macht von innen stark!“ Jaja, Kindermund tut eben Wahrheit kund.


Schokoladencreme mit Kardamom-Orangen
(aus: „Alles Schokolade!“ von Josef Zotter, erschienen im Ueberreuter Verlag)

Ein gelungener Reigen, die zitronige Note des Kardamoms, die Fruchtigkeit der Orange und die herbe Süße der Schokolade. Die Creme ist schnell gemacht, einfach nach Pariser Art.


Zutaten für 6 Portionen

Creme:
170 g Kuvertüre 70 % nobelbitter (gekauft bei Zotter)
500 ml Schlagobers

Kardamom-Orangen:
3 Orangen
50 g Gelierzucker
3 Kardamomkapseln oder 3 Msp Kardamompulver

Garnitur:
Etwas übrig gebliebene Kuvertüre, grob gehackt

1. Für die Creme die Kuvertüre grob hacken. Schlagobers aufkochen, vom Herd nehmen, Kuvertüre einrühren und darin zergehen lassen. Mit dem Stabmixer kurz pürieren (homogenisieren), mit Frischhaltefolie zudecken und über Nacht kühl stellen.

2. Für die Kardamom-Orangen Orangen filetieren, Rückstand auspressen, Saft aufheben.
Ist jemand da, der nicht weiß, wie das geht? Dann hier klicken:


3. Gelierzucker in einer Pfanne langsam schmelzen, Orangensaft zugießen, Kardamom einrühren und kurz köcheln lassen (Kardamomkapseln wieder entfernen). Orangenfilets behutsam untermischen und beiseite stellen.

4. Creme wie Schlagobers aufschlagen. Abwechselnd Creme und Orangen in Gläser schichten und mit Kuvertüre garnieren.


Freitag, 23. März 2012

Durstige Welt

Der Weltwassertag findet aufgrund einer UN-Resolution jährlich am 22. März statt. Ziel ist es, weltweit die Aufmerksamkeit auf die unersetzbare Ressource Wasser zu lenken. Das Motto für 2012 lautet „Wasser und Lebensmittelsicherheit“.


Laut einer brandaktuellen Studie der Universität für Bodenkultur in Wien werden in österreichischen Haushalten durchschnittlich 135 Liter Wasser pro Person und Tag verbraucht. Trinkwasser wohlgemerkt, das wir nur zu einem verschwindend geringen Teil, es sind etwa 3 Liter täglich, auch wirklich zum Trinken und Kochen verwenden. Der Rest: Auto waschen, Klo spülen, Blumen gießen.

Unmengen fließen auch in die Nahrungsmittelproduktion: 1.500 Liter für 1 kg Weizen. Und bereits 15.000 Liter für 1 kg Fleisch.


Im Gegensatz dazu leben immer noch etwa 11 % der Bevölkerung, etwa 783 Millionen Menschen, ohne Zugang zu sauberem Trinkwasser, die meisten in den ländlichen Gebieten Sub-Sahara-Afrikas.

Ich bin dankbar, in einem Land leben zu dürfen, in dem sauberes Trinkwasser ganz selbstverständlich aus der Leitung kommt. Es wäre schön, wenn wir öfter daran denken, dieses Geschenk öfter schätzen würden als bloß ein Mal im Jahr.
Donnerstag, 22. März 2012

Maria und die Schokoladenfabrik

Ich war im Himmel. Im Schokoladenhimmel. Josef Zotter, der Willy Wonka der Steiermark, hat in seiner Heimatgemeinde Riegersburg ein Paradies für Süßschnäbel errichtet, das staunen macht und glückselig.


Staunen: Im Kakaokino – hier beginnt das SchokoladenTheater – begleiten wir den Hausherrn auf eine kurzweilige Reise nach Südamerika, zu „seinen“ Bauern. Auf Kakaosäcken sitzend, naturgemäß. Josef Zotter kauft den Kakao direkt bei den Bauern zu fairen Preisen ein und macht seine Schokolade von der Bohne weg selbst. „Bean to bar“ nennt er dieses Konzept.
Mit einer ersten Ahnung von Zotters Schoko-Leidenschaft und einem persönlichen Kusslöffel ausgestattet, treten wir dann unsere Verkostungsexpedition an. Und kommen aus dem Naschen, Augen-Verdrehen und Mmmhhh-Summen nicht mehr heraus. Von den verschiedenen Rohkakaosorten über die Zwischenprodukte der Schokoladenproduktion wie Kakaonibs oder Walzenpulver bis hin zu allenallenallen Zotter-Produkten, die es überhaupt gibt: Wir dürfen probieren bis zum Geht-nicht-mehr.

Glückselig: Hier taucht der Löffel in den Schokobrunnen, dort werden Trinkschokis gemixt, da rollen süße Kugeln mit himmlischen Geschmäckern in Mini-Kupferkesseln. Die Running Chocolates zum Schluss des Rundgangs sind viele weitere kleine Sünden wert, obwohl fast nicht mehr zu packen, aber nein: die eine Sorte muss noch sein. Ich glaube, bei all dem Serotonin, das sich während dieser zwei Stunden in meinem Körper gebildet hat, werde ich für die nächsten zwei Monate glücklich sein, mindestens.

Mit seinen wundersamen und kreativen Inszenierungen theatert sich Josef Zotter sprichwörtlich in die Schokolade hinein. Und erreicht damit, dass wir uns wieder einmal etwas näher mit unseren Sinnen auseinandersetzen. Wie beispielsweise in der SchokoladenTankstelle – hier konnte ich pure Schokolade verkosten und vergleichen – von der Milchschokolade bis zur „Grenzüberschreitung“ mit 100 % Kakaoanteil, alles jeweils in fester oder flüssiger Form. Welch sinnliche Erfahrung: Mit dem Anstieg des Kakaoanteils wird der Geschmack immer komplexer, die Aromen verdichten sich, die Schokolade liegt schwerer auf der Zunge. Die Süße wird durch Bitternoten verdrängt, mehr Säure kommt ins Spiel, aber gleichzeitig auch mehr Fruchtaromen.

Schokoladen verkosten und darüber plaudern kann man im Übrigen auch gut zu Hause. Dafür braucht man ein paar Freunde (die interessierten), gute Schokolade in mehreren Sorten (nicht zu viele) und als Basis den Naschtipp von Zotter:

Als Feinschmecker sollten Sie Schokolade nicht kauen, sondern schmelzend genießen. Lassen Sie ein Stück Schokolade kurz auf Ihrer Zunge ruhen, um sie anschließend an Ihren Gaumen zu kleben. Mit der Zunge kitzeln Sie nun die Schokolade, sodass sie ganz langsam schmilzt. Gute Schokolade hat einen langen Atem. Das heißt, Sie spüren die Aromen noch, nachdem Sie die Schokolade genossen haben.

Wer es hingegen professionell angehen möchte, dem sei das wunderschöne Buch „Der Geschmack von Schokolade“ von Stéphan Lagorce, erschienen im Christian Verlag, empfohlen. Hier findet sich eine ausführliche Anleitung zur fachmännischen Schokoladen-Degustation.

Mit dem Geschmack spielen, Ungewöhnliches verbinden, Tabus brechen - das ist mittlerweile Zotters Markenzeichen. Schweinegrammeln in der Schokolade versenken? Kein Problem. Bergkäse in die Füllung mischen? Funktioniert. Freilich nicht ohne Grund. Denn Josef Zotter hat ein feines Gespür, was Geschmackskombinationen betrifft. Grammeln schmecken nussig, Bergkäse auch. Und weil Nuss und Schoko an und für sich ein prima Duo sind, war in der Folge auch der Weg zur Grammel- und Käseschokolade nicht mehr weit.
Und was, wenn die süßen Rechtecke Namen tragen wie „Kornelkirsche und Blut“ oder „Rosa Kokos und FischGummi“? Dann nur Mut. Zotter hat noch immer geschmeckt.

Den SchokoLaden habe ich übrigens mit einem eher großen und auch gut gefüllten Papiersackerl verlassen, der genaue Rechnungsbetrag wird jedoch nicht verraten. Nur soviel: Österreichs erste Schokolade mit Jugendverbot bis 18, die musste mit.